Northland, Nordinsel – Abschied von Neuseeland

4. September 2017 6 Von Nicole

Die Südinsel zu verlassen ist mir echt richtig schwer gefallen! Was für ein Land! Die Schönheit der Natur ist einfach antemberaubend und irgendwie ist es rauh und wild und ungezähmt. Also auf jeden Fall ursprünglicher als bei uns im westlichen Europa. Ich fand es geradezu heilsam in grossteils unaufgeräumter Natur zu sein. Die akurat ausgerichteten Kieferplantagen, die es ja auch hier zuhauf gibt erschienen mit total unnatürlich, doch bei uns sind ja auch viele Wälder so und es ist mir eigentlich nie gross aufgefallen. Ich glaube, ich muss schleunigst nach Schottland, Rumänien und vielleicht in die Türkei reisen, solange es dort noch wilden, unerschlossenen Wald und Busch gibt….. 😉

Wie auch immer, jetzt bin ich ja erstmal zurück auf der Nordinsel und damit zurück im „zivilisierten“ Teil des Landes. Die beiden Insel unterscheiden sich gravierend voneinander. Während die Nordinsel deutlich dichter besiedelt ist und sich hier auch mehr Geschäftsleben usw. entwickelt hat findet man auf der Südinsel kaum Industrie, sondern hauptsächlich Farmen und National Parks. Auch die gefühlte Energie beider Inseln könnte unterschiedlicher kaum sein. Der Norden der Nordinsel und ganz besonders Auckland sind für mich schwierig – ich fühle mich einfach nicht wohl, nicht geerdet, nicht verbunden mit dem Land. Vielleicht erinnerst du dich, als ich mit meinen beiden Freunden hier eingeflogen war, wollte ich auch sofort wieder weg  und wir sind dann zur Coromandel Halbinsel gefahren – Mann, das ist erst ein paar Wochen her! Nun ja, dieses Mal geht es mir genau wieder so.

Auckland begrüsst mich ausserdem mit Regen und dicken, grauen Wolken, der Wetterbericht für die nächsten Tage ist grauenvoll und der mehrspurige highway ist in beide Richtungen verstopft. So quäle ich mich mühsam mit meinem Mietwagen in Richtung Norden, wo ich in einem Vorort ein Zimmer gebucht habe. Bis ich das endlich gefunden habe bin ich echt voll gestresst vom Autofahren.

Eigentlich wollte ich mir ja am Morgen (trotzdem) die Stadt an sich einmal anschauen, doch es regnet in Strömen und die Fahrt zurück ins Zentrum würde wahrscheinlich eine Stunde oder noch länger dauern, plus Parkplatz suchen etc. Uargh……nee!!!! Ich beschliesse, lieber weiter nach Norden zu fahren und das sogenannte „Northland“ zu entdecken. Dieser nördlichste Zipfel des Landes wurde mir so oft als sehenswert angepriesen, dass ich ganz gespannt bin, was mich wohl hier erwartet.

Erstmal Regen, Regen und nochmal Regen. Die Aussicht beschränkt sich meist auf graue Wasserwände mit ein paar Tüpfelchen Grün zwischendrin. Ich fahre einfach immer weiter und hoffe, ich komme irgendwann raus aus den Wolken. Dem ist allerdings nicht so und so muss ich irgendwann einfach halten weil ich müde bin und der Tag sich dem Ende zuneigt. Ich bin direkt mal bis in die Bay of Islands durchgefahren und komme in Paihia in einem richtig schönen Hostel unter. Grosse Zimmer, alles modern und sauber, tolle Küche, Wohnzimmer mit Blick auf die Bucht – also theoretisch – und nicht mal überfüllt, sondern bloss eine Handvoll nette und chillige Leute. Da es auch am nächsten Tag noch in Strömen regnet bleibe ich kurzentschlossen noch einen weiteren Tag. Ich nutze den Tag zu einem Besuch im Museum von Waitangi (das ist der Nachbarort).

Hier wurde 1840 das „Treaty of Waitangi“ zwischen den Maori und der britischen Krone unterschrieben. Dieses umstrittene Papier wird bis heute als Gründung Neuseelands angesehen.  Wenn dich ein bisschen Geschichte interessiert, dann klicke bitte auf den folgenden link >>  Information über die Geschichte der Maori und der britischen Siedler <<

Ausser dem Original des „treaty“, sowie der Übersetzung gibt es hier wirklich sehr viel zu entdecken. Besonders eindrucksvoll finde ich ein riesiges „waka“, ein Maori Kriegskanu, in dem 120 Personen Platz finden können. Ein waka wird aus einem einzigen Baustamm geschnitzt, kunstvoll verziert und bemalt. Es braucht mindestens achzig Ruderer, um dieses Riesenboot zu bewegen. Einmal im Jahr, am Jahrestag der Unterzeichnung wird das waka zu Wasser gelassen, zusammen mit einigen hundert weiteren, denn Kanufahren ist ein sehr beliebter Sport in Neuseeland. (Einzige Aussnahme: als Lady Di bei einem Besuch darum bat, mit dem Boot fahren zu dürfen wurde es extra für sie zu Wasser gelassen! Tja, Prinzessin müsste man halt sein – hab ich schon immer gewusst!)

Man kann das damalige Gouverneurshaus  besichtigen, sowie eine Maorihütte, Waffen und Musikinstrumente. Filme und Fotos, Bilder und Artefakte aus der guten, alten Zeit runden die Information ab. Fakten und Daten werden interessant und informativ angeboten insgesamt eines der interessantesten Museen, in denen ich je war, definitiv einen Besuch wert. Endlich erfahre ich auch einmal etwas aus der Maorisicht!

Der Höhepunkt ist eine Führung mit „kultureller Schow“ – da krieg ich ja immer so ein bisschen Bauschmerzen……

Unser Führer ist ein grosser Maori, der uns beim erneuten Gang durch das Museum einiges erzählt und uns schliesslich zum Maori Meetinghouse bringt. Hier erwarten wir den Häuptling. Unser Häuptling (kurzfristig aus unseren Reihen ausgewählt) bietet ihm unseren Gruss in Form eines Zweiges an, Der Häuptling nimmt den Zweig huldvoll an und nun dürfen wir alle das Meetinghouse betreten und die Maori werden für uns tanzen.

Zuerst besiegeln die beiden Häuptlinge noch die friedliche Zusammenkunft zweier Völker mit dem Berühren der Stirnen – entsprechend dem westlichen Handschlag oder dem kommunistischen Bruderkuss, und dann legen sich die Performer, in traditionelle Kleidung gewandet, wirklich mächtig ins Zeug. Sie zeigen uns verschiedene Kriegs- und Liebestänze, wirbeln mit einer Art Pompom, stossen wilde Schreie aus und mit ihren Speeren zu, reissen vor allem immer ihre Augen riesengross auf und strecken ihre Zungen heraus. Und die haben vielleicht lange Zungen! Also ehrlich, die Jungs sind schon irgendwie zum Fürchten! Eine der Frauen erklärt uns diverse Feinheiten des Tanzes und beantwortet Fragen während die anderen Tänzer für Fotos posieren. 

Alles in allem ein beeindruckendes Schauspiel und ich bin sehr zufrieden mit der sinnvollen Nutzung des Regentages.

Am nächsten Morgen – die Sonne blinzelt zaghaft durch die Wolken – hurra!! Fritz und ich frühstücken und dann sind wir „happy & back on the road“. Gleich unser erster Stopp begrüsst uns mit diesem schönen Regenbogen. Das ist doch viel versprechend, oder?! 😀

Es gibt nur eine einzige Strasse, die nach Norden führt und sie geht duch viel Grün bis nach Whangaroa, wo ich eine Mittagspause einlege. Ich spaziere ein wenig herum, schaue die Boote an, die im flachen Wasser herumdümpeln und kämpfe heldenhaft gegen freche Möwen, die mir mein Mittagessen streitig machen möchten. Frisch gestärkt fahre ich weiter, nun an der Küste entlang, wieder sehr schön und natürlich immer wieder einen Stopp und einen kleinen Spaziergang wert. Ebenfalls wie immer treffe ich auf andere Strandläufer und ausnahmslos jeder hat Zeit für ein paar freundliche Worte und ein Lächeln.                                                                                                                                   

 

 

 

 

 

 

Und dann liegt sie vor mir: die berühmte 90-Miles-Beach. Sie ist zwar nicht wirklich neunzig Meilen lang aber trotzdem seehr, seehr lang! (88km = ca. 55m)  Der Strand ist ganz offiziell ein highway und solange du ein 4×4 Auto fährst und die Ebbe/ Flutzeiten beachtest (es sind hier schon viele Autos „ertrunken“) kannst du den gesamten Strand abfahren. Mein kleiner Micra schafft das nicht und so bleiben wir halt auf der Strasse. Aber ich würde gerne nochmal hierher kommen und diesen tollen Strand mit seinen traumhaft schönen Dünen richtig kennenlernen.  Heute bleibt mir nur, ein wenig zu Fuss zu erkunden und auch das nur kurz, denn der aufkommende Regen treibt mich bald wieder ins Auto und weiter. Aber ein paar schöne Schnappschüsse, einen ersten Eindruck und die Sehnsucht, wieder zu kommen nehme ich doch mit von hier.

Eigentlich wollte ich von hier aus ja noch ganz hoch fahren zum Cape Reinga, das ist der nördlichste Punkt Neuseelands. Es sind von der Abzweigung des Highways aber noch hundert Kilometer und die Sonne steht schon tief. Ich bin müde und es regnet und ich müsste ja auch wieder zurück fahren …. sehr schweren Herzens entschliesse ich mich, auf das Cape zu verzichten. Ich bereue das allerdings jetzt schon….

Mein Quartier ist heute genau an dem Cape entgegen gesetzten Ende der Ninety Miles Beach in einem winzigen Örtchen namens Ahipara. Fast am Ende der kleinen Strasse und direkt am Strand steht ein wunderschönes kleines Hostel, liebevoll gestaltet und gut geführt von einem jungen kiwi-deutschen Pärchen. Hach, hier würde ich jetzt gerne in paar Tage bleiben!                           Die wunderschöne Küche lädt geradezu zu einer grossen Kocherei ein und die langen Tische und Bänke auf einer üppig bewachsenen Veranda lechzen regelrecht nach langen Gesprächen und ein paar Gläsern Wein. Und der Strand direkt vor der Tür! So schön!

Aber ich muss zurück nach Auckland, denn da wartet in zwei Tagen ein Flieger auf mich….

Auf der Rückfahrt habe ich nichts wirklich Spektakuläres mehr erlebt und die letzte Unterkunft in diesem wundervollen Land ist so dermassen unterirdisch, dass ich sie einfach nur vergessen möchte. Daher schliesse ich hier und an dieser Stelle meinen Bericht über Neuseeland ab.

Fazit: Kiwiland ist einfach atemberaubend schön! Die Südinsel hat mich absolut gepackt. Die Mentalität der Menschen gefällt mir sehr, die Lebensqualität ist hoch und die Natur…..na, darüber habe ich ja nun wirklich ausgiebig geschrieben. Leider ist es vom Klima her zu kalt für mich, also definitiv nicht zum Leben geeignet (Entwarnung!). Aber für einen weiteren, ausgedehnten Besuch? Jederzeit sehr sehr gerne.

Mein nächstes Ziel: die Cook Islands! 😀